Multiplikatorverfahren: In 4 Schritten zum Unternehmenswert

So berechnen Experten anhand von Trading- und Transaction-Multiples den Wert eines KMU


M&A-Experten und Unternehmensanalysten greifen bei der Bewertung von KMU häufig auf die Multiplikatorenbewertung zurück. Hierbei kann zwischen zwei Arten von Multiples unterschieden werden:

  • Trading Multiples: Wenn die Multiplikatoren aus vergleichbaren börsennotierten Unternehmen abgeleitet werden, spricht man von Trading Multiples. Diesem Ansatz liegt die Prämisse zugrunde, dass die Marktkapitalisierung eines börsennotierten Unternehmens den fairen Wert des Eigenkapitals widerspiegelt. Da die Bewertung auf tatsächlichen Marktpreisen beruht, reflektiert diese Methode die Einschätzung der Marktteilnehmer hinsichtlich der aktuellen Markt- und Branchentrends wieder.

  • Transaction Multiples: Leitet man die Multiplikatoren aus vergangenen, vergleichbaren Unternehmensverkäufen ab, spricht man von Transaction Multiples. Ein wichtiger Faktor, der bei der Unternehmensbewertung auf Basis von vergleichbaren Transaktionen Berücksichtigung finden muss, ist die Tatsache, dass implizite Kontrollprämien und Synergieeffekte im Transaktionspreis bereits berücksichtigt wurden.

Um den Unternehmenswert anhand der Multiplikatormethode zu ermitteln, empfiehlt sich folgender Ablauf:

4 Schritte, um den Unternehmenswert zu berechnen

1. Auswahl und Bereinigung der Bezugsgrößen beim Bewertungsobjekt

Bei der Unternehmensbewertung anhand von Multiplikatoren ist in einem ersten Schritt zu entscheiden, auf welchen Bezugsgrößen die Bewertung basieren soll. Die Bezugsgrößen sollen die für ein Unternehmen zentralen Werttreiber widerspiegeln. In der Praxis beliebte Bezugsgrößen sind Ergebnisgrößen wie EBITDA, EBIT oder Umsatz.

Da die Ermittlung des Unternehmenswertes auf nachhaltiger Basis erfolgen soll, ist die ausgewählte Erfolgsgröße, um etwaige betriebsfremde oder ungewöhnliche Effekte zu bereinigen. Dabei ist zu beachten, dass die Erfolgsgröße beim Bewertungsobjekt und bei den Vergleichsunternehmen bzw. vergleichbaren Transaktionen ident definiert sein muss. Wird die Bezugsgröße bei der Peer Group bereinigt, so muss dies im selben Ausmaß auch beim Bewertungsobjekt geschehen. Die Frage nach der Bereinigung der Bezugsgrößen um seltene und außergewöhnliche Ereignisse eröffnet jedoch Anreize, die Unternehmensbewertung je nach Interesse der beteiligten Parteien in die gewünschte Richtung zu lenken. 

2. Auswahl der Peer Group (Vergleichsunternehmen bzw. vergleichbare Transaktionen)

Die Auswahl der passenden Peer Group stellt im Rahmen der Multiplikatormethode eine zentrale, aber auch sehr herausfordernde Aufgabe dar. Um die Abhängigkeit von einem einzigen Unternehmen bzw. Transaktionen und somit die Gefahr von Verzerrungen des Unternehmenswertes zu reduzieren, werden beim Multiplikatorverfahren mehrere Peers einbezogen. Als Referenzobjekte werden je nach verwendeter Informationsquelle, vergleichbare börsennotierte Unternehmen oder bereits erfolgte Transaktionen von vergleichbaren Unternehmen herangezogen. Da es höchst unwahrscheinlich ist, ein Unternehmen zu finden, das in den wesentlichen Bereichen mit dem Bewertungsobjekt ident ist, muss ein Kompromiss gefunden werden. Je ähnlicher die Vergleichsunternehmen hinsichtlich vorab definierter Kriterien sind, desto größer ist die Aussagekraft der Ergebnisse der Bewertung. Bei mangelnder Vergleichbarkeit wird von einer Unternehmensbewertung mittels der Multiplikatormethode abgeraten.

In der Praxis werden häufig die folgenden Kriterien definiert, anhand deren die Auswahl der Peer Group erfolgt:

  • Branche (z.B. anhand von „SIC-Code“)

  • Geschäftsmodell bzw. Umsatzstruktur

  • Unternehmensgröße

  • Finanzkennzahlen (Umsatzwachstum, Kapitalrendite, Gewinnmargen, Verschuldungsgrad, etc.)

  • Geografische Lage bzw. gesetzliche und politische Rahmenbedingungen

  • Reifephase im Unternehmenslebenszyklus

 

3. Berechnung der Multiplikatoren

Der Auswahl eines adäquaten Multiplikators wird in der betrieblichen Praxis eine sehr große Bedeutung zugeschrieben. Sie ist dementsprechend mit großer Sorgfalt durchzuführen, da die verschiedenen Multiplikatoren zu sehr unterschiedlichen Unternehmenswerten führen können. Daher sind Multiplikatoren zu wählen, deren Bezugsgröße die wichtigsten Werttreiber für den Unternehmenswert widerspiegeln. Aus diesem Grund sind in den meisten Fällen Ertragsmultiplikatoren den Umsatzmultiplikatoren vorzuziehen.

Basierend auf der Auswahl der Bezugsgröße zur Unternehmenswertermittlung ist in einem weiteren Schritt der passende Multiplikator zu berechnen:

Bezugsgröße = EBITDA, EBIT, etc.

Die konkrete Auswahl und Anwendung ist schlussendlich abhängig von unternehmensspezifischen Faktoren wie Branche, Lebenszyklus, Wachstum, Ertragssituation und Datenverfügbarkeit auf Seiten des Bewertungsobjekts wie auch auf Seiten der Vergleichsunternehmen bzw. der Transaktionen.

Folgend beispielhaft eine Tabelle zur Herleitung der Trading Multiples auf Basis vergleichbarer börsennotierter Unternehmen sowie der Transaction Multiples auf Basis vergleichbarer M&A-Transaktionen.

Berechnung Trading Multiples (Eigene Darstellung).

Berechnung Transaction Multiples (Eigene Darstellung).

Nachdem die Multiplikatoren für jedes Vergleichsunternehmen ermittelt wurden, sind diese Werte auf einen Multiplikator zu verdichten. Dazu können statistische Verfahren der Durchschnittsbildung, wie das arithmetische Mittel oder der Median verwendet werden. Der Median hat gegenüber dem arithmetischen Mittel den Vorteil, dass er weniger stark auf Extremwerte reagiert. Wird das arithmetische Mittel zur Bildung des Multiplikators verwendet, können etwaige Extremwerte eliminiert werden, um so auf statistische Ausreißer zu reagieren.

 

4. Anwendung des Multiplikators auf das Bewertungsobjekt und Adjustierung

In einem letzten Schritt wird nun der Unternehmenswert durch Anwendung des verdichteten Multiplikators ermittelt:

Unternehmenswert = Multiplikator * Bezugsgröße (z.B. EBITDA, EBIT)

Abschließend ist zu überprüfen ob etwaige Zuschläge bzw. Abschläge als Ausgleich von bewertungsrelevanten Unterschieden zwischen dem Bewertungsobjekt und der Peergroup vorgenommen werden müssen. Einerseits muss bei der Anwendung von Trading Multiples berücksichtigt werden, dass die Vergleichsgruppe börsengelistete Unternehmen sind, wodurch sich Unterschiede in der Fungibilität und Liquidität ergeben können. Daher ist ein Discount durch die sogenannte Small Firm Premium notwendig. Andererseits müssen aber auch werterhöhende Zuschläge wie etwaige Kontrollprämien, Synergieprämien oder Prämien für außergewöhnlich gutes Management Berücksichtigung finden. Korrekturen des Unternehmenswertes sind mit großer Sorgfalt vorzunehmen, da diese grundsätzlich im Ermessen des Bewerters liegen und somit mit einem Verlust an Objektivität in der Unternehmensbewertung einhergehen.

Schlussbemerkungen

Die Unternehmensbewertung von KMU mittels Trading- und Transaction-Multiples ist eine praxiserprobte Methode, die bei richtiger Anwendung schnelle und marktnahe Ergebnisse liefern kann. Sie erfordert jedoch eine sorgfältige Analyse des zu bewertenden Unternehmens sowie deren relevante Wertreiber, eine fundierte Auswahl der Peer Group und sowie plausible Anpassungen des Bewertungsergebnisses. Diese Schritte müssen mit viel Erfahrung und Expertise durchgeführt werden, um den Wert von KMU präzise und plausibel zu bestimmen.


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