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Die Discounted Cashflow-Methode im Detail

6 Schritte zur Durchführung einer Unternehmensbewertung anhand der DCF-Methode  


Das Discounted Cashflow-Verfahren ist eine aus dem angelsächsischen Raum stammende Unternehmensbewertungsmethode und gilt mittlerweile als Standardverfahren, das im Rahmen von Unternehmenstransaktionen eine wesentliche Grundlage zur Wertfindung darstellt. Die Basis der DCF-Berechnung ist die der dynamischen Investitionsrechnung zuzuordnenden Kapitalwertmethode, bei der sich der Wert zukünftiger Zahlungsströme durch Abzinsung auf den Bewertungsstichtag abzüglich der Anfangsauszahlungen bestimmt. DCF-Verfahren werden daher auch als kapitalwertbasierte Verfahren bezeichnet.  

Beim Discounted Cashflow-Verfahren wird der Wert eines Unternehmens durch die Diskontierung der erwarteten Cashflows mit einer dem Unternehmensrisiko angemessenen Rate bestimmt. Dadurch wird der intrinsische Unternehmenswert ermittelt. Der Unternehmenswert ist somit eine Funktion der von diesem Unternehmen generierten Cashflows, der Lebensdauer des Unternehmens, des erwarteten Wachstums der Cashflows und der mit diesen Cashflows verbundenen Risikobereitschaft.  

Im Laufe der Zeit haben sich verschiedene Verfahrensweisen des DCF-Verfahrens herausgebildet, die sich je nach Definition der bewertungsrelevanten Cashflows und des anzuwendenden Diskontierungsfaktor unterscheiden lassen. Der DCF-Ansatz mit dem WACC als Diskontierungsfaktor – auch als DCF Bruttoverfahren bezeichnet - ist die in der Praxis am weitesten verbreitete Spielart der DCF-Verfahren. Die Schritte dieses Ansatzes zur Unternehmensbewertung folgen nachstehendem Schema: 

1. Erstellung integrierte Planrechnung 

Die DCF-Methode ermittelt den Unternehmenswert als Barwert der zukünftigen Zahlungsüberschüsse. Grundlage hierfür ist eine Unternehmensplanung, die zunächst eine Vergangenheitsanalyse erfordert. Das Ziel der Vergangenheitsanalyse ist die Schaffung eines tragfähiges Fundaments für die Ermittlung und Plausibilisierung des Zukunftserfolges. Des Weiteren sollen anhand der Kennzahlenanalyse die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Größen besser erkannt und beurteilt werden.  

Die Wichtigkeit einer sorgfältigen Unternehmensplanung begründet sich vor allem auch darin, dass geringe Änderungen in der Planung erhebliche Auswirkungen auf den Unternehmenswert haben können. Die Erstellung von Prognosen und Planzahlen lässt sich jedoch nur in beschränktem Maße theoretisch fundieren und unterliegt auch nur in beschränktem Maße einer Objektivierung durch rechtliche Regelungen. Jede Unternehmensplanung sollte plausibel und nachvollziehbar sein.  

Diese Unternehmensanalyse stellt die Basis für eine integrierte Planung dar, aus der dann die bewertungsrelevanten Größen abgeleitet werden können. In der Regel werden in einem ersten Planungsschritt die Gewinn- und Verlustrechnung sowie die Bilanz prognostiziert, um in einem weiteren Schritt die Kapitalflussrechnung abzuleiten. Die einzelnen Rechenwerke müssen sowohl in sich stimmig sein und auch mit anderen Teilrechnungen, wie beispielsweise der Investitionsplanung, Steuerplanung oder Finanzplanung, abgestimmt sein. 

Da naturgemäß Unsicherheiten bei der Prognose zukünftiger Entwicklungen und somit auch bei der Planungsrechnung gegeben sind, stellt die Planung der Zahlungsüberschüsse stets ein subjektives Element in der Unternehmensbewertung dar. Durch die Verknüpfung der Vergangenheitsanalyse mit den plausibilisierten Annahmen über die Zukunftsentwicklung wird zumindest eine intersubjektive Nachvollziehbarkeit der Planungsrechnungen ermöglicht.

2. Berechnung Free Casflows

Im DCF-Bruttoverfahren kommt der Free Cashflow (FCF) zur Anwendung. Der Begriff Free Cashflow steht für sämtliche finanzielle Überschüsse, die den Kapitalgebern zu Verfügung stehen, nachdem alle wertsteigernden Investitionen getätigt wurden. Der Free Cashflow enthält keine finanzierungsbezogenen Zahlungsströme wie beispielsweise Zinsaufwendungen und stellt somit die Differenz aus Ein- und Auszahlungen eines Unternehmens vor Berücksichtigung von Finanzierungsmaßnahmen. Die jeweilige Kapitalstruktur hat dementsprechend keinen Einfluss auf die FCF des zu bewertenden Unternehmens.

Die Berechnung der Free Cashflows erfolgt in der Praxis häufig nach der indirekten Methode:

3. Berechnung Terminal Value

Da die integrierte Planrechnung nur bis zu einem bestimmten Zeithorizont erstellt werden kann und das Unternehmen auch nach diesem Detailplanungshorizont weiterhin einen Wert hat, muss ein Fortführungswert, der im englischen als Terminal Value bezeichnet wird, berechnet werden.

Der Terminal Value kann auf drei Arten ermittelt werden. Eine Variante geht vom Liquidationswert am Ende des Detailplanungshorizontes aus, bei dem der Wert der Vermögensgegenstände zu diesem Zeitpunkt ermittelt wird. Die anderen beiden Varianten gehen von einer Fortführung des Unternehmens nach der Detailplanungsphase aus (Going-Concern-Prinzip). Während die eine Varianten ein Exit-Multiple als den Fortführungswert heranzieht, unterstellt die andere ein konstantes Wachstum der Cashflows, bei der am Ende der Detailplanungsperiode eine ewige Rente berechnet wird. 

Die im deutschsprachigen Raum am weitesten verbreiteten Varianten gehen von einer unendlichen Fortführung des Unternehmens aus. Dementsprechend werden in der Bewertungspraxis hauptsächlich ein Exit-Multiple oder die ewige Rente zur Berechnung des Terminal Value herangezogen.

4. Diskontierungsfaktor (WACC) herleiten

Um den Unternehmenswert zum Bewertungsstichtag bestimmen zu können, müssen die Zahlungsströme mit einem angemessenen Kapitalisierungszinssatz abgezinst werden. Der Kapitalisierungszinssatz bindet sowohl den Zeitwert des Geldes (Diskontierungsfunktion) wie auch die Unsicherheit der Zukunft (Risikofunktion) in die Kalkulation des Unternehmenswertes mit ein und wird im akademischen Diskurs wie folgt definiert: „Die Kapitalkosten sind die Mindestverzinsung, die das zu bewertende Unternehmen für die Kapitalgeber erwirtschaften muss, da die Kapitalkosten die Rendite sind, die Kapitalgeber bei Kapitalanlagen mit vergleichbarem Risiko erzielen können.“

Je nach Bewertungsverfahren ist ein unterschiedlicher Kapitalisierungszinssatz zu wählen, der aber zwingend mit dem Bewertungsverfahren und den abzuzinsenden Cashflows konsistent sein muss.

Zur Diskontierung der Free Cashflows im DCF-Bruttoverfahren werden die gewogenen Kapitalkosten herangezogen, die sich als Summe aus den gewichteten Eigenkapitalkosten und den gewichteten Fremdkapitalkosten ermitteln lassen. Im gewogenen Kapitalkostensatz wird zusätzlich das Tax Shield berücksichtigt. Die Gewichtung der Kapitalkosten erfolgt auf Basis von Marktwerten, die den ökonomischen Wert der Ansprüche der jeweiligen Kapitalgeber repräsentieren. Den so ermittelten Kapitalisierungszinssatz bezeichnet man als gewogene Kapitalkosten oder auch als Weighted Average Cost of Capital (WACC). Der WACC wird nach folgender Formel berechnet:

mit

Die dargestellte Formel zur WACC-Berechnung berücksichtigt mit dem verzinslichen Fremdkapital und dem Eigenkapital nur zwei Finanzierungsquellen. Dieses Gewichtungsschema kann im Einzelfall jedoch erweitert werden, wenn bei einem Unternehmen auf weitere Finanzierungsquellen, wie beispielsweise Mezzanin-Kapital, gesondert eingegangen werden soll.

5. Berechnung des Enterprise Value durch Abzinsen der Free Cashflows und des Terminal Value

Um den Unternehmenswert zu berechnen, sind die Free Cashflows der Planrechnung inklusive Terminal Value zum Bewertungsstichtag mit dem WACC zu diskontieren. Dementsprechend wird der Enterprise Value über nachstehende Formel ermittelt:

mit

Der  Enterprise Value entspricht dem Marktwert des Gesamtkapitals aus Sicht der Eigen- und Fremdkapitalgeber.

 

6. Überleitung Enterprise Value zu Equity Value

In der Regel interessieren sich die an einer Unternehmensbewertung beteiligten Parteien, vor allem im Rahmen von M&A Transaktionen, für den Marktwert des Eigenkapitals (Equity Value). Die Überleitung vom Enterprise Value auf den Equity Value erfolgt anhand der Equity Bridge:

Finale Betrachtung des Unternehmenswertes

Das Discounted-Cashflow-Verfahren ist also eines von verschiedenen Bewertungsmethoden. Bei diesem wird der Unternehmenswert auf Basis von Planzahlen und Annahmen über die Zukunft ermittelt. Um dieser Unsicherheit bei der Festlegung des Unternehmenswertes Rechnung zu tragen, empfiehlt es sich, verschiedene Szenarien zu betrachten. Dazu werden die Werttreiber der Discounted Cashflow-Berechnung analysiert und mögliche Ausprägungen dieser Werttreiber festgelegt, um dann verschiedene Szenarien abzubilden: der Base-Case bildet die wahrscheinlichste Entwicklung ab, der Best-Case eine sehr positive und der Worst-Case repräsentiert eine schlechte Entwicklung. Aus den unterschiedlichen Szenarien wird dann ein Unternehmenswert abgeleitet, so dass man eine Wertspanne über den fairen Wert erhält. Die Durchführung der Szenarioanalyse ermöglicht eine fundierte Entscheidung, welche vor allen im Rahmen von M&A-Transaktionen essentiell ist.


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